Montag, 27. April 2020

[ #Digitalisat ] Retrodigitalisat: Märchen und Sagen der transsilvanischen Zigeuner (1886)


[Free eBook/Retrodigitalisat] Nach wie vor ist das öffentliche Bewusstsein geprägt von Vorurteilen, Klischees und Stereotypen, wenn die Sprache auf Sinti und Roma kommt. 

Man kann noch immer in ganz Europa von einem teils offenen, teils versteckten Rassismus sprechen. Es finden sich zahlreiche Stereotypen und werden gerade wieder mit der "Ostöffnung" des EU-Arbeitsmarktes laufend und gerne transportiert. Einfache Feindbilder erklären die Welt besser als komplexe Zusammenhänge.


Heinrich von Wlislocki hingegen gilt heute als einer der Pioniere der modernen Zigeuner'-Forschung und als der beste Kenner der transsilvanischen Zigeuner'. Aus Forschungsgründen fasste er den Entschluss, sich eine zeitlang bei einer Gruppe Wanderzigeuner aufzuhalten, mit ihnen mitzuwandern und sie so zu erforschen. Es ist bekannt, dass den Roma die Fähigkeit, Literatur zu produzieren, abgesprochen worden ist, man ging so weit, zu behaupten, dass diese die Literatur anderer Völker, mit denen sie in Kontakt kommen, übernehmen. Wlislocki will das Gegenteil beweisen, er spricht von etwa 2000 volksliterarischen Produktionen - Märchen, Sagen, Lieder, Romanzen, Balladen - die er im Romanes-Original aufgezeichnet und anschließend ins Deutsche übersetzt hat. Diese zeugen von der Existenz einer eigenen Volksliteratur der Zigeuner'. Die Sammlung "Märchen und Sagen der Transsilvanischen Zigeuner" umfasst 63 Texte (Märchen und Sagen), die aus mündlicher Überlieferung stammen, die schönsten wurden dem Forscher von einer "uralten Zigeunerin unserer Truppe erzählt". Durch diese kann die Anwesenheit einer Erzähltradition bei den nomadisierenden Zigeunern' Siebenbürgens nachgewiesen werden. Das Geschichtenerzählen hat eine besondere Rolle als gemeinschaftsbildendes Element und hängt bei den Wander- bzw. Zeltzigeunern mit ihrer Lebensart zusammen. Die Ansässigen "haben nicht Not, so was Dummes zu hören, sagte mir ein städtischer Zigeuner", "aber die Zeltzigeuner, die im Winter in Erdhöhlen hausen, was wären das überhaupt für traurige Existenzen ohne Märchenpoesie." (H. von Wlislocki) Für alle Märchenliebhaber wie für alle, die sich für Kultur und Tradition der Roma in Rumänien und Europa interessieren, ist Wlislockis Arbeit ein Schatzkästlein ganz besonderer Art.


Heinrich von Wlislocki. Wlislocki, Heinrich von (* 9. Juli 1856 in Kronstadt (Brașov), † 19. Februar 1907 in Bethlenszentmiklós (Sânmiclăuş) Rumänien). Der Sohn eines kaiserlichen Finanzbeamten, erhielt er seine erste Ausbildung an dem berühmten Honterusgymnasium seiner Vaterstadt und bezog 1876 die Universität in Klausenburg, an welcher er vornehmlich humanistische Studien betrieb und unter diesen mit Vorliebe der Germanistik und Philosophie. Der frühe Tod seines Vaters nötigte ihn eien Anstellung als Hauslehrer anzunehmen. 1879 erlangte er die philosophische Doktorwürde, lebte die folgenden Jahre als Privatgelehrter an verschiedenen Orten Ungarns und Siebenbürgens, bis er 1884 eine Professur zu Rosenau in Ungarn erhielt. Sein Augenmerk galt besonders der Sprache der Roma.


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